Liebe Familie und liebe Freunde
Ihr wartet vermutlich schon auf die Mitteilung, dass ich es wieder nicht schaffte, rechtzeitig den Bericht zu schreiben. Der Tag fing für mich heute schon ziemlich relaxed an.
Der Direktor des Hotels, Italiener aus dem Trentino, fragte mich, was ich denn mit dem Rad mache. Ich erzählte ihm meine Geschichte, worauf er sagte, das würde er auch einmal gerne machen. Meine Frage an ihn, weshalb er es denn nicht tue, konnte er nicht beantworten.
Er bereitete mir auf jeden Fall ein feines Morgenessen zu. Wir redeten unter anderem über die Shirts, welche im Frühstückssaal verteilt waren. Es handelte sich um Shirts der Belgischen Fussballmannschaft inklusive Unterschriften. Es scheint, dass dieses Hotel, bis zum Bezug des Stadions in Tubize, als Nationalmannschafts-Hotel galt. Deshalb die Shirts mit Autogrammen von ehemaligen Talenten der Belgischen Nati - ja Frank, auch Daniel van Buyten vom FC Bayern München (deine Worte „Rekordmeister“) war darauf verewigt.
Meine frisch gefüllten Bidons und ich machten uns schliesslich später als in den vergangenen Tagen auf die Fahrt nach dem Ziel. Ich ging es an wie an der Tour de France: auf der letzten Etappe wird bekanntlich nicht mehr attackiert, sondern nur noch Genossen.
So fuhr ich los, die Mauer zu schaffen. Ziel Geraardsbergen. Die Temperaturen waren warm, schon fast ähnlich wie gestern. Zum Glück gaben meine teils nassen Velokleider (vom täglichen Waschen - gestern) etwas Kühl ab. Auch eine Ratte, welche die Strasse überquerte, verschaffte etwas Abwechslung beim Treten in die Pedale. Vor einigen Tagen, ich glaube es war in Frankreich, begegnete ich einem Marder, der sichtbar gleich erschrocken schien wie ich. Oder in Deutschland wo es dann hiess „Achtung Angriffsgefahr vor brütendem Bussard“ - alles motivierende Punkte, noch schneller in die Pedale zu treten.
Die Muur kam näher und ich spürte richtig die Lust Gas zu geben. Es ging zuerst „mächtig“ runter ins Dorf Geraardsbergen. Dann stieg es richtig schnell auf Kasseien hoch - auf einer Länge von 1.1 km eine Steigung von rund 110 m - Ich konnte immer wieder anhalten um das eine oder andere Foto zu schiessen. Ich wurde nur einmal überholt: von einem Mountainbike (wohlgemerkt kein E-Bike, aber gefahren durch einen 20jährigen, der überhaupt kein Gepäck dabei hatte). Ich überholte ihn dann wieder, da er scheinbar auf seinen Vater warten musste... :-) Ich habe die Muur geschafft und überlebt...
Dann ging es für mich daran, das Tagesziel Zwevegem zu erreichen, doch wie. Wie wäre es das Beste, jemanden aus der Familie mit ein zu binden? Vorsichtig schrieb ich meinem Cousin Bart, der noch bis zum 17. August 2020 Ferien hat. Er antwortete schnell: er sei in den belgischen Ardennen im Urlaub und geniesse die Zeit beim Wandern Radfahren mit der Familie.
Also schrieb ich den Enkelinnen meines Paten, Julie und Eline. Beide antworteten schnell. Julie, dass sie derzeitig in Kuurne im Lager am arbeiten sei und Eline, dass sie normal arbeite, sie jedoch keine tägliche Spritzen mehr an ihren Grossvater „machen“ muss (sie ist gelernte Krankenschwester). Aber worum es denn gehe? Sie würde mir gerne helfen, falls es um das Thema Skype mit dem Grossvater gehe. Ich willigte sofort ein und sagte, ja, dass ich dies gerne heute Abend mit ihm machen würde. Sie schrieb, dass sie gerne heute Abend nach dem Arbeiten bei ihren Grosseltern vorbei gehe. Gesagt getan. Als ich um 15.00 Uhr ausnahmsweise etwas zum Mittag ass, schrieb sie mir, dass sie heute früher Feierabend machen könne und so gegen 15.50 Uhr dort sein könne (Anm.: sie hat während der Corona-Lockdowns regelmässig dafür gesorgt, dass wir alle zusammen mit ihm skypen konnten). Super!
Ich fuhr also gegen 15.45 Uhr um den Block, an dem mein Pate wohnt. Zufällig traf ich dort den Schwager meines Paten und sagte ihm „hallo Antoine“. Er kannte mich natürlich nicht. Ich erklärte ihm, wer ich bin, was schnell geglaubt wurde, aber mit dem Fahrrad? Die Frau von Antoine, Yvette, stiess auch dazu, welche auch verdutzt zuhörte...aber sie glaubten mir schliesslich. Ich sagte, dass mein Pate und seine Gattin Bernice, von nichts wüssten. Sie sollen es bitte für sich behalten. Klar, dies wollten sie nicht weiter erzählen. Im Gegenteil, sie sagten mir, dass just in dem Moment, eben Bernice auf uns zubewegte. Ich sagte ihnen schnell, dass sie einfach nicht sagen sollten, ich fahre nun wieder um den Block. Falls sie frage, wer ich denn war, sollten sie sagen, „jemand von der Arbeit von früher“. Ich fuhr also schnell los. Gleichzeitig fuhr mir die Enkelin meines Paten, Eline entgegen, welche ich freundlichst grüsste und sich mich zurück.
Tja, was hab dich nein getan. Sie hielt direkt bei Antoin und Yvette an und sprach mit Bernice. Ich fuhr um die Ecke und hoffte nur noch...war es das? War meine Überraschung dahin? Ich wartete an der anderen Ecke wieder auf der Vorderseite. Ich sah, dass Eline mit dem Auto auch auf die andere Seite fuhr und das Auto auf der Vorderseite des Hauses meines Paten hinstellte. Sie stieg aus und kam direkt auf mich zu - sie hatte mich entdeckt und erkannt... Sie lachte und lief auf mich zu. „Sam, was machst du hier?“ Ich erklärte ihr alles und sie mir auch - ebenso, dass sie es gar nicht realisiert hatte und gegenüber Bernice nichts gesagt habe. Super, es kann also weitergehen. Ich spannte sie kurz in meinen Plan offiziell ein und bat sie, das ganze dann zu filmen. Sie ging also zurück zu ihren Grosseltern und schrieb mir, sobald alles fürs Skypen bereit war. Gesagt getan.
Wir sprachen miteinander und ich sprach via iPad mit meinem Paten. Er war sichtlich erfreut, dass ich mich bei ihm melde. Während dem Sprechen nahm ich dann einen Mundschutz aus meiner Tasche, welchen ich speziell mitgenommen hatte. Ich ging mitsamt des Fahrrads weiter bis zu seiner Türe und versuchte auch aus der Umgebung seines Heims, etwas zu zeigen. Er realisierte, dass es ähnlich aussah, wie bei ihm Zuhause. Ich sprach weiter mit ihm und machte auf einmal Aufnahmen seines Vorgartens, was er und auch seine Gattin bemerkten. Sie sagten und dachten dann jedoch gleichzeitig, das kann doch nicht sein... Gegenüber meinem Paten sagte ich, dass ich doch gerne mit ihm endlich mal Spazieren gehen würde oder zumindest ein Bierchen trinken würde. Er entgegnete mir, dass er dies auch gerne machen würde, es aber nicht gehe. Er dürfe leider weitere sechs Wochen nicht voll auf seine Hüfte stehen. In just dem Moment, sagten Sie beide, das ist doch wirklich bei uns und ich läutete an der Hausglocke...“würdest du nun mir mit ein Bierchen trinken...?“
Wir verbrachten einen wundervollen gemeinsamen Nachmittag, natürlich unter Einhaltung der Corona-Vorschriften. Eline wurde von mir gebeten, das ganze zu filmen, was sie natürlich auch getan hat....sorry, dieses emotionale Video werde ich nicht online stellen... die vielen innigen und warmen Umarmungen fehlten leider diesmal, Corona sei Dank. Aber die Reaktion aller Beteiligter hat mir gezeigt, dass mein Entscheid das „Ding“ durchzuziehen, richtig war... https://www.relive.cc/view/vE6JmmMQ3gO
In den kommenden Tagen werde ich noch enige Touren unternehmen, jedoch nicht täglich. Schaut wieder rein, meines Erachtens könntet ihr das Ganze ja abonnieren, d.h. ihr krieg eine e-mail, sobald etwas Neues online gestellt wird.
Bis bald - ich werde nun Geniessen und Erleben - Belgien ist und bleibt für mich mehr, als „nur“ mein Mutterland.
Bleibt gesund und bis bald
Beste Grüsse
Sämi

❤ohne Worte❤
AntwortenLöschenIch fühle mich richtig in die Zeit vor 55 Jahren zurückversetzt...
AntwortenLöschen- Avelgem, wo ich wohnte, als ich in Ruien arbeitete...
- Orroir, am Fuss des Mont-de-l'Enclus (Kluisberg), wo ich spätabends jemandem (Bertin und Yvette aus Avelgem) Pannenhilfe bot und an ihrem Auto das Hinterrad wechselte, worauf sie mich dann auf den Kluisberg zu einem Drink einluden, später zu sich nach Hause und dann zu ihrem Laden in Kortrijk (Parfumerie-Grosshandel), wo ich Christella erstmals sah und kennenlernen durfte ... und... und...
und heute stolz sein darf auf meine beiden Söhne Bruno und Samuel, beide in Zwevegem geboren...
Dir Samuel - herzliche Gratulation für die Verwirklichung deines 43-jährigen Traums, und trotz Corona - noch schöne Ferientage in meinem damaligen Wirkungsort und späteren Wohnort!
❤danke liebe papa für dini wort❤
LöschenIch fühle mich richtig in die Zeit vor 55 Jahren zurückversetzt...
AntwortenLöschen- Avelgem, wo ich wohnte, als ich in Ruien arbeitete...
- Orroir, am Fuss des Mont-de-l'Enclus (Kluisberg), wo ich spätabends jemandem (Bertin und Yvette aus Avelgem) Pannenhilfe bot und an ihrem Auto das Hinterrad wechselte, worauf sie mich dann auf den Kluisberg zu einem Drink einluden, später zu sich nach Hause und dann zu ihrem Laden in Kortrijk (Parfumerie-Grosshandel), wo ich Christella erstmals sah und kennenlernen durfte ... und... und...
und heute stolz sein darf auf meine beiden Söhne Bruno und Samuel, beide in Zwevegem geboren...
Dir Samuel - herzliche Gratulation für die Verwirklichung deines 43-jährigen Traums, und trotz Corona - noch schöne Ferientage in meinem damaligen Wirkungsort und späteren Wohnort!
Hallo Sämi. Eindrücklich deine Reise. Das du sowas in deinem Alter noch durchstehen kannst;-) Wäre, mir zu streng:-( Ich könnte ja eigentlich auch mal in meine alte Heimat nach Mainz mit dem Bike, anstatt immer in den Bergen herum zu turnen. Respekt jedenfalls für deine Leistung. Der Daniel van Buyten würde das sicher auch noch machen. Jetzt kann er ja möglicherweise bald, mit seinen alten Kumpels aus München, auf den nächsten CL Titel nach 2013, wo er selber noch in sechs Spielen (leider ohne Finaleinsatz) mitgeholfen hat, anstossen. Die Belgier haben und hatten schon immer gute Fussballer und auch gute Typen. Leider hat es noch nie zu einem grossen Titel gelangt. Danke Hort Hrubesch;-) Bis bald und geniesse die Zeit in deinem Mutterland. P.S. Da die OLMA dieses Jahr leider ausfällt habe ich mich in deiner Abwesenheit ein paar mal mit Maria getroffen, damit mit sie mal auf andere Gedanken kommt und nicht immer so traurig sein muss;-)
AntwortenLöschen